Page 13 - Drehers Kornkammer
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   Winterbraugerste hat gegenüber Sommerbraugers- te einen entscheidenden Vorteil: Während die Som- merbraugerste zu keimen beginnt, hat die im Herbst gesäte Winterbraugerste die feuchten Monate der kalten Jahreszeit bereits bestens genutzt, um kräftige Wurzeln und dichte Bestände zu entwickeln. Damit ist sie weniger empfindlich gegenüber Trockenheit und dem Klimawandel. Jahrelang arbeiteten Züchter dar- an, die Wintergerste braufähig zu machen, indem sie optimale agronomische Eigenschaften mit hervorra- genden Korn- und Brauqualitäten bei guten Erträgen verbanden. In den wichtigsten Brau- und Mälzungsei- genschaften wie Extrakt und Würzfarbe ist die Winter- braugerste auf dem geforderten Niveau bereits ange- kommen und braucht keinen Vergleich mehr mit bisher favorisierten Sommergerstesorten zu scheuen. Derzeit decken daher heimische Brauereien rund 40 Prozent des Malzbedarfs aus Winterbraugerste – Tendenz stei- gend. Die frühe Ernte der Winterbraugerste bringt ne- ben zeitiger Rohstoffverfügbarkeit und dem längeren Fenster für die Ernte- und Erfassungslogistik vor allem eine breitere Risikostreuung – sowohl für den Landwirt als auch für die Brauereien.
Unverändertes Braujahr
Obwohl die Wintergerste die Getreideerntesaison zeitgleich mit dem sommerlichen Schulschluss eröff- net, steht der Rohstoff dem Brauer erst wesentlich später zur Verfügung. Da die Braugerste bei der Verar- beitung in der Mälzerei keimen muss (um die bioche-
Jan-Anton Wünschek (Gutenhof), Gabriela Maria Straka (CSR Brau Union Österreich) und ‘Bierbotschafterin’ Christa Kummer im Gerstenfeld fürs Wiener Lager.
Der deutschsprachige Begriff ‘Lager‘ ist im englischen Sprachraum mittler- weile generell ein Synonym für
kühl gebrautes (untergär-
iges) Bier geworden...
mischen Vorgänge im Korn in Gang zu setzen) ist
die Keimfähigkeit ein wichtiges Kriterium. Keim- fähig sind nur lebende Körner, weshalb Braugerste im Gegensatz zu Futtergerste und anderen Getreidearten während der Lagerung ausreichend belüftet werden muss. Direkt nach der Ernte weist die Gerste jedoch eine Keimruhe auf, die meist erst nach einigen Wochen überwunden wird. Daher wird in Mitteleuropa die Ernte meistens erst ab September verarbeitet. Aus diesem Grund steht auch die Verwendung der früh gereiften Wintergerste nicht in zeitlichem Widerspruch zum tra- ditionellen Neubeginn des Braumeister-Jahres am 1. Oktober. Der ‘Brausilvester‘ am 30. September darf also weiterhin – unbeschadet ob Sommer- oder Winter- gerste – feucht&fröhlich gefeiert werden ;-)
Landwirtschaft trifft Reitsport
Insgesamt verfügt der Gutenhof über 600 Hektar an Agrar- fläche, wobei rund ein Fünftel dem Anbau von Gerste vorbehalten ist. Jan-Anton Wünschek, der Urururenkel des Lagerbierpioniers Anton Dreher, achtet dabei peni- bel auf deren Qualität. Er fühlt sich seit klein auf der Ag- rarwirtschaft verbunden, obwohl es mit dem ebenfalls zum Anwesen gehörenden Reitsportzentrum einen wei- teren gewichtigen Unternehmensbereich zu führen gilt. Zu letzterem gehören immerhin vier Ställe mit 40 Fens- terboxen, zwei Reithallen, eine Longierhalle sowie ein großer Koppelbereich. Obwohl sich Jan-Anton selbst nicht im Reitsport engagiert, gibt es insbesondere vor der Ausrichtung internationaler Turniere jede Menge an organisatorischen Aufgaben. Der Reitleidenschaft ihres Ururgroßvaters Anton Dreher jun. ist hingegen Jans Schwester Katharina verbunden. So belegte sie bei den Staatsmeisterschaften im Dressurreiten 2015 den drit- ten Platz. Mittlerweile hat sie jedoch ihren Lebensmit- telpunkt in Linz bei ihrem Mann Johannes Max-Theurer.
Golf für die Auszeit
An körperlichen Aktivitäten mangelt es dem leidenschaft- lichen Landwirt Jan-Anton Wünschek naturgemäß nicht. Sofern an manchen Tagen die Feldarbeit jedoch gar leicht von der Hand geht, gibt es „gleich hinter der Kanz- lei“ ein reizvolles weiteres Betätigungsfeld. 1988 hat die Familie Teile ihrer Gutenhofer-Au für die Errichtung eines 36-Loch-Golfplatzes verpachtet. Der dortige ‘Colony- Gutenhof-Club‘ gilt seitdem als einer der besten Golf- adressen im Land. Der freie Blick kann dort wohl ebenso weit schweifen wie auf einem Gerstenfeld. Aber obwohl Golfrasen ebenfalls (wie die Gerste) der botanischen Fa- mile der Süßgräser angehört – ein ‘Wiener Lager‘ lässt sich daraus beim besten Willen nicht machen ;-)
Foto: Depositphotos
   S tyles
47 MAGAZINE
   Foto: Brau Union Österreich
  Foto: Michael Rzepa
 
















































































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