Page 10 - Drehers Kornkammer
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TRADITION
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Kaiser Maximilian, der Bruder von Kaiser Franz Josef, regierte in Mexiko nur drei Jahre. Diese Zeitspanne reichte aber, um dort das ‘Wiener Lager‘ populär zu machen.
zuvor österreichische Brauer in der kurzen Herrschaftszeit des österreichischen Kaisers Maximilian I. (1864-1867) diesen Bierstil eta- bliert hatten. In der übrigen Bierwelt dauerte es hingegen bis in die 1980er Jahre, als im Zug der von den USA ausgehenden Craft- beer-Welle zahlreiche traditionelle Bierstile wiederentdeckt wurden. Als in der Folge auch größere nordamerikanische Brauereien das Grundrezept des Vienna-Style-Lager auf- griffen, war dessen ‘Wiedergeburt‘ in Schwe- chat nur mehr eine Frage der Zeit. 175 Jahre nach dem Entstehungsdatum 1841 schuf der Schwechater Braumeister Andreas Urban eine bernsteinfarbene Neuinterpretation, die mit ihren eleganten Biskuit-Toast-Noten besticht. Ein nicht allzu massiver Karamell- Ton geht dabei in einen schlanken Nach- trunk über, der Lust auf den nächsten Schluck macht. Wie das Bier anno 1841 tatsächlich geschmeckt hat, lässt sich allerdings nur schwer abschätzen. Man muss bedenken, dass beispielsweise Reinzuchthefen erst vom Dänen Emil Christian Hansen selektioniert
Dreher war selbst eine Brauherrentochter und verfügte daher über eigenes Kapital, das ihr den Ankauf ermög- lichte. Die zeitliche Abfolge der Ereignisse zeigt, dass die Gerste für das originale Wiener Lager des Jahres 1841 wahrscheinlich nicht tatsächlich vom Gutenhof stammte – außer Anton Dreher hätte bereits vom damaligen Guts- besitzer Eduard Ritter von Troll die Braugerste bezogen. Allerdings würden selbst gestrenge Weinliebhaber die engen räumlichen Gegebenheiten als ein und dasselbe Terroir bezeichnen und somit der Gutenhof-Gerste eben- falls das Prädikat ‘original‘ attestieren ;-)
Gerste fürs ‘Wiener Lager‘
Seit letztem Jahr bildet diese regionale Braugerste der Familie Wünschek-Dreher tatsächlich wieder die Basis für das Schwechater Wiener Lager. Eine Anlieferung von 1000 Tonnen wurde vereinbart, wobei die tatsäch- lich gelieferte Menge letztendlich wegen wetterbeding- ten Ernteausfällen etwas geringer war. Im Gegensatz zur Historie handelte es sich im Vorjahr um den Typ ‘Winter- gerste‘, der jeweils im Herbst angebaut und am Ende des darauf folgenden Junis geerntet wird. Vor rund 150 Jahren war die Gerstensorte eine andere, da Winter- gerste früher ausschließlich als Futtermittel verwendet wurde. Für diesen Zweck war ihr relativ hoher Eiweiß- gehalt (12-15%) stets vorteilhaft, während hingegen fürs Bierbrauen Sommergerste bevorzugt wurde. Diese aus- schließlich in der Frühjahr/Sommer-Saison heranwach- sende Gerstenart enthält weniger Protein (unter 11%),
Neuauflage
Trotz allem ging zu Beginn des 20. Jahrhunderts der umsatztechnische Wettbewerb zugunsten des Pilsner Biertyps aus. Ungebrochen war der Erfolg des Wiener Lagers lediglich im schokoladeverliebten Mexiko, wo
werden konnten und Hansen wiederum erst ein Jahr nach der Geburtsstunde des Wiener Lagers das Licht der Welt erblickt hat (1842). Darüber hinaus standen einige technische Einrichtungen, wie etwa der von Lorenz Adalbert Enzinger entwickelte Bierfilter oder eine Was- serhärte-Optimierungsanlage, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch nicht zur Verfügung.
Neuerwerbung Gutenhof
Es verbleiben also einige produktionstechnische Un- wägbarkeiten. Um so bedeutender ist es, zumindest in ideeller Hinsicht dem Ursprungsprodukt möglichst nahe zu kommen. Im Ranking dieser ‘to-do-list‘ besetzt si- cherlich der Herkunftsort der Braugerste eine der ober-
sten Stellen. Wie eingangs erwähnt, besaß die Familie Dreher für den Gerstenanbau in unmittelbarer Umgebung von Schwechat Landgüter. Im Jahr 1903 erweiterte Käthe Dreher (die Schwiegertochter des zu diesem Zeit- punkt bereits verstorbenen Anton Dreher sen.) diese Liegenschaften um den nahe bei Himberg gelegenen ‘Gutenhof‘. Käthe
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