Page 6 - Drehers Kornkammer
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Das ‘Geneva-Sytem‘ von Jacob Schweppe zur Sodawasserher- stellung anno 1783.
Foto: Depositphotos/vencav
Die angefeuchteten Gerstenkörner werden nach kurzer Zeit, die ihnen zum Keimen gegeben wird, wiederum getrocknet (gedarrt). Je nach Dauer und Temperatur entstehen dabei unterschiedlich dunkle Malzsorten (siehe Bild oben). In Zeiten, wo die Wasserhärte des regional vorgegebenen Brauwassers noch nicht technisch veränderbar war, hatte man bei der Biersorte aber noch keine freie Wahl. s galt die Faustregel: je härter das Wasser, desto dunkler musste der Biertyp konzipiert werden. (Der Grund - den man um 1850 allerdings noch nicht kennen konnte - ist das kom- plexe Zusammenspiel zwischen Darr-Temperatur, pH-Wert und Wasserhärte.) Anton Dreher braute sein ‘Wiener Lager‘ ange- passt an das Schwechater Brunnenwasser mit mitteldunklem Malz, das schonend (ohne direkten Feuerkontakt) hergestellt wurde.
Das Wiener Malz
Die zweite Säule in Drehers bierigem Erfolgsrezept anno 1841 war die Verwendung einer relativ leicht ge- darrten Malzsorte, die zudem keine unangenehmen Raucharomen aufwies. Auch in dieser Hinsicht war
Anton Dreher nicht der ‘Erfinder‘. Eine derar- tige aromaschonende Malzgewinnung (ohne direkten Feuer- und Rauchkontakt) war näm- lich auf den britischen Inseln schon vor dem Jahr 1841 bekannt. Allerdings ließen die Engländer ihr damit produziertes ‘Pale Ale‘ nicht in kühlen (Felsen-)Kellern sondern an- nähernd bei Zimmertemperatur gären. Diese ‘obergärige‘ Braumethode verkürzt seit den
40 S tyles MAGAZINE
Ursprüngen des Brauwesens die Zeitspanne bis zum fertigen Bier deutlich. Das Endprodukt schmeckt aber nicht nur etwas anders sondern war besonders zur damaligen Zeit ohne künstliche Kühlung nicht lange haltbar. Sofern längere Transportwege anstanden – beispielsweise die Verschiffung des englischen Biers zu den Truppen in Ost-Indien – musste deutlich stär- ker eingebraut und gehopft werden. Im Prinzip ent- spricht dieser Biertyp dem Signatur-Beer der heutigen Craftbeer-Bewegung, dem ‘India Pale Ale‘ (IPA). Aller- dings werden fürs Würzen der modernen IPA-Marken spezielle Aromahopfen verwendet, sodass sich ein geschmacklicher Vergleich zu den damaligen IPAs schwer ziehen lässt. Auf jeden Fall scheint aber das
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