Page 7 - Das Herz des Reiskorns
P. 7
zeitlichen Etappen zugesetzt werden. Wie in den Brau- ereien und den Weinkellern der damaligen Zeit ver- traute man anschließend auf die Mithilfe wilder Hefen, wobei man auch in Japan über die biochemische Na- tur dieses Vorgangs jahrhundertelang nicht Bescheid wusste. Sofern der Sake letztendlich in seinem Erschei- nungsbild klar werden sollte, war nach dreiwöchiger Gärung eine Filterung erforderlich. Danach folgte eine Lagerung in Amphoren und in späterer Zeit auch in Fässern über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Mo- naten. Am Ende entstand ein Produkt mit einem etwas höheren Alkoholgehalt im Vergleich zu Bier oder Wein.
Frisch zu trinken
Sake gilt auch heute noch als Getränk, das abgesehen von den produktionsbedingten Reifemonaten, mög- lichst frisch getrunken werden soll. Eine langjährige Lagerung von abgefüllten Flaschen zur Qualitätssteige- rung wie bei schweren Rotweinen hat also beim Sake
Sake-Flasche aus der Momoyama-Periode (16. Jhd.)
keine breit gelebte Tradition. Allerdings gibt es
von dieser Regel bekannte Ausnahmen. Und
damit ist nicht nur der chinesische ‘Huangjiu‘ gemeint, bei dem ein langes Reifen bei teu-
reren Sorten ohnehin traditionell verankert ist. Neuerdings gibt es auch in Japan einige Brauerei-
en, die mit Holzfasslagerungen über einen deutlich längeren Zeitraum experimentieren. Zudem hat auch der als ‘Koshu‘ bezeichnete, mehrjährig gelagerte Sake bereits seit der Edo-Periode eine bestimmte Tradition. Hinsichtlich seiner Verbreitung kommt ihm aber nur die Rolle eines kostspieligen Nischenprodukts zu.
Braurecht für die Oberklasse
Bis zum zehnten Jahrhundert war das Brauen von Sake dem kaiserlichen Hof vorbehalten und besaß somit ei- nen elitären Charakter. Danach wurde die Produktion auch den Klöstern zugestanden. Ab dem Kamakura- Shogunat (1185-1333) konnten auch wohlhabenden
Kaiser Mutsuhito (1852-1912) erlaubte im Rahmen seiner Re- formen (sog. Meiji - Restauration) erstmals allen Japanern Sake zu brauen. Neben dem neuen Brau- recht erlies Mutsuhito damals
eine Vielzahl anderer Gesetze und Maßnahmen: Nach preußischen und französischen Vorbildern wurde ein neues Schulsystem, der gregorianische Kalender und die verwaltungstechnische Landesauf- teilung in Präfekturen eingeführt. Zudem wurden mit dem Ausland die ersten diplomatischen Bezie- hungen aufgenommen. Mit dem Inkrafttreten der Verfassung des ‘neuen japanischen Kaiserreichs‘ (1890) ging das zuvor in Japan herrschende Shogunat endgültig zu Ende. Als Motto für den gesam- ten Umbruch wählte Kaiser Muts- uhito den Begriff ‘Meiji‘ (aufgeklärte Herrschaft). Mutsuhito ging des- wegen auch als ‘Kaiser Meiji‘
in die Geschichte ein.
S tyles 17 MAGAZINE
SAKE CULTUR