Page 8 - Mittendrin statt nur dabei
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BIER
BIERKULTUR
KULTUR
ein Eisengitter um die Grünanlage aufgezogen. Die spätabendliche Schließung des Parks wurde den Fla- nierenden durch drei Böllerschüsse angekündigt.
Rascher Ausbau
Bereits im Jahr 1775 waren diese Einschränkungen aber schon wieder Geschichte. Die Gitterumzäunung wurde demontiert und Joseph II. erlaubte damit den Zugang zum Prater zu jeder Jahres-, Tages- und Nachtzeit. Die Vergnügungen für die einfachen Leut‘ erlebten nun einen rasanten Zuwachs. Die Szenerie, die sich zuvor im ‘Lustwaldl‘ des Stadtguts rund um das Praterwirtshaus gebildet hatte, wurde im neuen Praterareal bald bei weitem übertroffen: Auf einem Plan von 1782 sind im neuen ‘Wurstelprater‘ bereits 47 Objekte, darunter 43 Wirtshäuser, zwei Ringel- spiele, die ‘Optica nova‘ und eine Hütte, in der „me- chanische Vögel“ zu sehen waren, verzeichnet. Um den Andrang verkehrstechnisch zu bewältigen, wird
Kolorierter Kupferstich / Wien Museum
Ein Ringelspiel im Wurstelprater um das Jahr 1800. Die Mechanik wur-
de noch handbetrieben. Oft erhielten Burschen aus der Umgebung ein klei- nes Salär dafür. Die Wege waren noch naturbelassen. Im Jahr 1873 wurde jedoch anlässlich der Weltausstellung das Areal vollkommen neu gestaltet.
nach dem Ableben von Maria Theresia im Jahr 1780 mit dem Bau des ‘Pratersterns‘ begonnen, der zum Knotenpunkt von sieben Alleestraßen wird.
Begeisterter Mozart
Zu den jungen Fans der neuen Praterkultur zählte auch Wolfgang Amadeus Mozart, der überdies den Grünen Prater zum Flanieren schätzte. So schrieb der 17-Jährige im Jahr 1783 entschuldigend an seinen Va- ter: „Ich kann mich ohnmöglich entschlüssen so frühe in die stadt hinein zu fahren. - das wetter ist gar zu schön - und im Prater ist es heute gar zu angenehm. wir haben heraus gespeist, und bleiben also noch bis abends 8 oder Neun uhr. (...) wegen der varierten arie müssen sie schon heute gedult haben - im Prater lässt sich das natürlicherweise nicht thun - und das schöne Wetter kann ich wegen meinen lieben weiberl nicht verloren gehen lassen.“ Natürlich schätzte der junge Mozart am Prater nicht immer nur dessen Idylle, son- dern war auch vom turbulenten Treiben dort höchst angetan. Den musikalischen Ausdruck findet das in seinem 1788 verfassten Kanon, den er mit einem flott- frechen Text versehen hat: „Gemma in Proda, gemma ind Hetz, gemma zum Kasperl. Der Kasperl ist krank, der Bär ist verreckt, was thät ma in der Hetz draußt, im Prater giebts Gelsen und Haufen von Dreck“.Man muss an dieser Stelle Falco schon recht geben, der Mozart als allerersten „Rap-Star“ bezeichnet hat :-)
Das Bier wird heller
Zu dieser Zeit lag Wiens Einwohnerzahl bei rund 250.000. Die 43 Prater-Gaststätten benötigten daher jede Menge Nachschub an frischem, braunem Bier.
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