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BIER
BIERKULTUR
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     Als der Wiener Praterstern im Jahr 1780 errichtet wor- den ist, war er großteils noch
von Grünland umgeben. Das schmale, gelb eingezeichne- te Viertel war die Jägerzeile. Der breite Straßenzug links davon heißt heute ‘Prater- straße‘. Der weiße Ring ver- weist auf den Wurstelprater – der kleinere gelbe Ring auf das Stuwer-Viertel und des- sen Feuerwerksplatz. Ganz unten im Bild: der Donaukanal.
                                                                                            KULTUR
Das Wort ‘Prater‘ leitet sich vom lateinischen Begriff für Wiese (Pratum) ab. Latein war im mittelalterlichen Europa nicht die Sprache des breiten Volks und so war auch der Prater über Jahrhunderte eigentlich keine volkstümliche Angelegenheit. Das wald- und wildrei- che Gebiet zwischen den verschiedenen unregulierten Donauarmen diente vielmehr dem Adel als Jagdge- biet (das Jagen war generell bis zum österreichischen Revolutionsjahr 1848 den aristokratischen Kreisen als Privileg vorbehalten). Im Gegensatz zu den westlich von Wien gelegenen ‘Auhof-Gründen‘, die heute in etwa dem Lainzer Tiergarten entsprechen, lagen die Jagdreviere des Praters dem Stadtzentrum wesentlich näher. Zu Fuß konnten man zu ihnen vom Stephans- dom ausgehend in einer halben Stunde gelangen. Diese Fortbewegungsart war zwar keine Option für die adeligen Jagdgesellschaften – die unmittelbare Nähe zur Wiener Stadtmauer begünstigte jedoch die An- siedlung von Hofjägern und Holzarbeitern (samt Fami- lienanhang) entlang dieser kurzen Distanz. So entstand
                                         Das Wappen der Jägerzeile
die ‘Jägerzeile‘, die noch bis 1850 ein eigenstän- diges kleines Vorstadtviertel entlang einer gleich- namigen Hauptstraße bildete (siehe den Stadt- plan von 1830 im nebenstehenden Bild rechts). Seit 1862 heißt diese Verbindung zwischen der Wiener Urania (an der Innenstadtgrenze) und dem Prater durchgehend ‘Praterstraße‘. An die ehema- lige Jägerzeile erinnert jetzt nur mehr ihr Wappen, welches grafisch rund ein Drittel des heutigen Be- zirkswappens der Leopoldstadt (zweiter Wiener Gemeindebezirk) bildet.
 Heutiges Wappen des 2. Bezirks (inkl. Jägerzeile)
selbstgebrauten Bier auch das Braumonopol innehatte. Ortsfremde Brauereien durften zwar ihre Produkte ebenfalls anbieten, mussten je- doch für jeden Eimer Bier, den sie in die Stadt einführten, 15 Kreuzer als Entschädigung be- zahlen. Wenig überraschend wurde dieses Mo- nopol immer wieder durch Schwarzimporte der Donau-Schiffe und Bestechung der Stadtwache unterlaufen. Dennoch konnte das Bürgerspital bis ins 18. Jahrhundert hinein seine Vormacht- stellung am Wiener Biermarkt behaupten, da
Erstes Vergnügungsviertel
Bereits zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts etablierte sich knapp außerhalb des damaligen Prater-Jagdgebiets ein „Vergnügungsviertel“ für die Allgemeinheit. Im Mai 1603 eröffnet Michael Ainöther inmitten des ‘Stadtguts‘ sein ‘Praterwirts- haus‘. Das Stadtgut zählte zu den Besitzungen des Bürgerspitals, das im damaligen Wien mit seinem
auch seine Braukunst für damalige Verhältnisse an- sprechend war. Das Geschäft lief dabei so gut, dass ab dem Jahr 1710 das Bierwesen die finanziellen Er- träge vom ebenfalls spitalseigenen Weingeschäft übertreffen konnte. Gebraut wurde dabei an drei Standorten: Erstens am Stammsitz des Spitals beim Kärntnertor in der Innenstadt, zweitens in der Leo- poldstadt nahe dem Prater (im heutigen zweiten Wiener Gemeindebezirk) und nach 1706 auch in Sankt Marx (im heutigen dritten Wiener Gemeindebezirk).
Ereignisreiches Jahrhundert
Zu berücksichtigen ist, dass in die oben geschilderte Zeitspanne des 17. Jahrhunderts Ereignisse fallen, die für das Wiener Bürgerspital große Bedeutung hatten. Während der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) vor
   24 S tyles MAGAZINE
  Karte: Carl Graf Vasquez

















































































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