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  BIER
BIERKULTUR
KULTUR
 aufgestellte Kunststeinfigur ist daher lediglich eine Replikation, von der aber immer noch eine bestimmte Mystik ausgeht. Dieser bedient sich auch eine kleine Brauerei im Südwesten von Wien: So ziert das Konter- fei des Großen Chinesen das ‘Calafati-Bier‘ der Ro-
dauner Biermanufaktur. Damit nimmt man Bezug, dass dieses Bier 25% Reis enthält (der allerdings nicht aus China, sondern aus Österreich stammt).
Weltausstellung 1873
1861 entwickelte der Engländer Thomas Bradshaw das erste Dampf-Karussell, eine Erfindung, die auch bald darauf im Wurstel- prater Anwendung fand. Ein weitaus größe-
rer Rahmen wurde der modernen Technik jedoch bei der Weltausstellung 1873 gebo- ten, die ebenfalls im Prater angesiedelt war. Mit ihrer Spannweite von 108 Meter war die da- für errichtete ‘Rotunde‘ als zentrale Ausstellungs- halle der größte Kuppelbau der damaligen Welt. Von der Gestaltung des gesamten Ausstellungsge- ländes war auch der ‘Wurstelprater‘ betroffen, des- sen räumliche Struktur gänzlich neu konzeptioniert wurde. Trotz des großen Aufwands erwies sich das Unternehmen ‘Weltausstellung 1873‘ aus zwei Haupt- gründen als Flop: Einerseits kam es eine Woche nach der Eröffnung in Wien zu einem Börsenkrach (der wirtschaftlich noch lange nachwirkte). Und anderer- seits flammte drei Wochen danach erneut die Cholera auf, wodurch sich das ausländische Besucherinteres- se deutlich verringerte. Um die erwarteten Margen dennoch zu erhalten, schnellten die Preise bei den Fiaker-Fahrern, Hoteliers und Gastronomen in enor- me Höhen. Dagegen wurden sogar Petitionen beim damaligen Wiener Bürgermeister Cajetan Felder eingebracht, die aber aus naheliegenden Gründen
erfolglos blieben.
Bierige Wiener Vielfalt
13 Jahre später war jedoch die Zufriedenheit der Wie- ner mit ihrer Gastronomie wieder vollends hergestellt. Anlässlich des ersten Blumenkorsos im Prater, der
300.000 Besucher anlockte, schreibt der Museums- gründer und Heimatforscher Hans Pemmer beispiels- weise: „An der Bierausstellung, die im Westtransept untergebracht war, beteiligten sich - oh Biertrinker von heute, erblasset vor Neid - die Brauereien von Schwechat, St. Marx, Hütteldorf, Ottakring, Döbling, Simmering, Nußdorf, Brunn, Mödling, Schellenhof, Jedlersee, Währing, Hernals, Grinzing, Perchtolsdorf, Jaroschau, Olmütz und das bürgerliche Brauhaus Pil- sen. Und es soll nicht wenige Besucher gegeben ha- ben, die sich durch alle Biersorten durchkosteten.“ ;-)
Venedig in Wien
Ein Erfolg im gleichen Ausmaß, noch dazu über einen längeren Zeitraum, war auch dem Projekt „Venedig in Wien“ 1895 beschieden. Größten Anteil an der Errich- tung dieses Vergnügungsparks, einem der ersten The- menparks der Welt, hatte der Theaterunternehmer
    Die ‘Rotunde‘ als zentrales Ausstellungsgebäude war bei der Wiener Weltaus- stellung1873 mit ihren 108 m Durchmesser der weltgrößte Kuppelbau. Zahlreiche Aussteller errichteten zusätzlich noch ihre eigenen Firmen- pavillons; so auch der 24-jährige Anton Dreher jun. (der Sohn des Lager-Bier - Pioniers Anton Dreher sen.) Trotz des enormen Aufwands war der Ausstellung aus meh- reren Gründen kein fifinanzieller Erfolg beschieden. Zumindest die Rotunde konnte danach aber noch mehrere Jahr- zehnte genutzt werden. 1937 brannte das monu- mentale Gebäude, in dem 400 Tonnen Holz verbaut waren, innerhalb eines Tages ab. An seiner Stelle liegen heute die Bauten der Wiener Messe.
 Der Dreher-Bier- Pavillon im orienta- lischen Stil auf der Wiener Weltaus- stellung 1873.
  34 S tyles MAGAZINE
   

















































































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